Wie der kleine Sebastian* auf die Welt kam – eine Geburtsreise

Aufgeschrieben von Doula Rhona

Das erste Geflüster, das darauf hindeutete, dass du unterwegs warst, kam schon an einem Freitagabend. Diesen Abend werde ich nie vergessen, weil ich von einem zauberhaften, märchenhaften Ort auf dem Weg nach Hause war. Ich fuhr sogar bei dir und deiner Mama vorbei, weil ich vom sagenhaften Hotzenwald kam und im schimmernden Licht des Mondscheins meinen Weg durch den Nebel fand. Ich sah Blitzeinschläge, die durch den schwarzen Nachthimmel zuckten und die mir halfen, die Straße besser sehen zu können.

Aber ich hatte keine Angst. Ich war ruhig. Ich fühlte mich, auch wenn der Himmel so stürmisch war, wie geborgen und geschützt. Als ich um 22 Uhr zu Hause an, sah ich die Textnachricht von deiner Mama,

,,Huhu Rhona, es könnte evtl. sein, dass ich mich heute Nacht bei dir melde. So langsam werden die Wehen schmerzhafter und wohl auch regelmäßig…“  hat sie mir geschrieben.

Es ging dann doch etwas länger, bis du dich wirklich auf deinen Weg machtest!! Es kam der Samstagmorgen, der Samstagmittag und dann auch noch der Samstagabend…und du warst immer noch nicht wirklich unterwegs. Ich denke, dass deine Mama diese Phase etwas anders erlebt hat als ich. Sie wusste nicht, ob sie sich schon auf ihren Weg nach Freiburg in die Klinik machen sollte. Schließlich hat sie sich um Mitternacht zusammen mit deinem Papa entschieden, dass es sei so weit sei!!

Was sie nicht alles in dieser Nacht gemacht hat, um dich auf deinem Weg zu locken!! Sie ging nämlich mit Papa im Dunkeln spazieren, weil du immer noch etwas Ermunterung brauchtest!! Und weißt du was? Ich war immer noch in meinem kuscheligen Bett zu Hause in Hausen im Wiesental und schlief!! Mama meinte, es wäre besser, wenn ich meine Energie für dich sparen würde, sodass ich Papa später helfen könnte, falls er müde wäre…deine Mama ist ganz schön schlau!!

Und so kam es zu dem Punkt, dass ich mich am Sonntagmorgen, den 28.08,  auf den Weg zu dir und zu deinen Eltern machte. Es war 9:30 Uhr und ich wusste, dass ich erst nach deiner Geburt nach Hause zurückkehren würde…wie spannend!!

Es war ein warmer Tag mit milchiger Sonne… genauso verzaubert, verlockend und märchenhaft wie der Tag, an dem ich aus dem Hotzenwald nach Hause fuhr, aber diesmal was es Tag und nicht Nacht, hell und nicht dunkel, ruhig und nicht stürmisch. Ich hatte ein wunderbares Bauchgefühl. Ich wusste, dass deine Mama perfekt auf deine Geburt vorbereitet war und dass sie auch deinen lieben Papa an ihrer Seite hatte. Dazu die großartigen Hebammen aus der Diakonie! Sie hätte nicht besser vorbereitet und begleitet sein können!

Bevor ich um 10:30Uhr im Krankenhaus zu Mama und Papa gelassen wurde, musste ich einen Corona-Test machen lassen. Was für eine Erleichterung, dass er negativ war. Ich durfte rein!!

Ich wusste überhaupt nicht, wohin ich gehen sollte, außer natürlich zum Kreißsaal! Als ich ankam, stand ich im Flur…wo haben Mama und Papa sich versteckt?! Aber was für einen unglaublichen Zufall…Genau zu diesem Moment kam eine Hebamme mir entgegen… und weißt du was, sie stellte sich als Lara vor und als ich sagte, ich suche eine Frau namens Emily * antwortete Lara sofort, ,,Ich bin Emilys Hebamme und sie ist beim Schaffen und sie macht es richtig toll!“ Wie ich mich freute, als ich ins Zimmer kam und deine Mama und deinen Papa sah!! Deine Mama war voll dabei, die Wellen, die ihr Körper in ihr auslösten, unter Kontrolle zu bringen und mit sanften ,,Aaaaaa“ Lauten dich nach unten bringen zu können! Ich legte meine Hände auf ihren Rücken und da meine Hände kalt waren, gaben sie ihr etwas Erleichterung und Entlastung. Mama musste sich auf so einer Art Bettstützschiene stützen und schaffte es so gut in  dieser Körperhaltung mit der Schwerkraft zu arbeiten, dass sie dir half, deinen Weg zur Geburt zu machen!

Es war nun etwas anstrengend für Mama; erinnerst du dich daran; sie hatte lange gearbeitet, sogar seit Freitagabend, sie war mitten in der Nacht in Freiburg mit Papa spazieren gegangen und sie war auch eine Weile in einer Gebärwanne…WOW, sie hatte schon so viel getan, um dich in ihren Armen halten zu können!! Sie brauchte ein bisschen Ruhe und Zeit, um wieder zu Atem zu kommen und sich entspannen zu können, weil wir alle das Gefühl hatten, du warst nicht so weit und Mama brauchte ein wenig Hilfe, um die Dinge in die richtige Richtung zu lenken und um Energie aufzutanken!!

Und so wurde es entschieden, Mama gegen 12:00 eine PDA zu setzen. Und was für eine große Erleichterung für Mama!! Sie schaffte es so gut, still zu liegen, als die PDA gelegt wurde und ich konnte ihr richtig gut helfen, weil sie meine Hand in dem Moment schön fest greifen konnte!! Und danach kam eine Welle großer Entspannung! Das war richtig schön mitzuerleben! Mama konnte endlich etwas richtig essen, ohne dass ihr schlecht war! Sie konnte auch trinken, ihre Augen kurz zu machen und ab und zu etwas schlafen.  Was für Gespräche ich dann zusammen mit deiner Mama und deinem Papa in den nächsten paar Stunden hatte; wir redeten über Fußball – weißt du eigentlich, dass ich Tottenham Hotspurs Fan bin?! Das ist eine Fußballmannschaft aus Nord -London und die sind fast so gut wie Freiburg aber in der englischen Premierliga!! Außer Fußball sprachen wir auch über Papas Arbeit, wie er ein toller Chef sei und Leckereien an der Arbeit schaffe!!

Die ganz netten Frauen, die Hebammen heißen und die Mama bei deiner Geburt richtig halfen, kamen immer wieder rein und wechselten bis Mama das ganze Team an dem Tag kennenlernte und sogar dann wieder die Nachtdienst Hebammen wieder treffen konnte…dann mussten wir lachen, weil uns klar war, wie lange Mama beim Schaffen und im Kreißsaal war!! Aber dann kam der am überraschendsten und wunderbarsten Nachricht des Tages…Du arbeitetest mit deinem Kopf und mit Mamas Wellen so gut zusammen, dass dein Weg, geboren zu werden, fast fertig war! Nur jetzt brauchte Mama Ermutigung! Die wunderbare Hebamme Lucy, die am Anfang des Ankommens deiner Mama und Papa im Krankenhaus da war, kam rein und sagte,

,,Jetzt geht los, jetzt werden wir in Bewegung kommen!!“

Wegen der PDA konnte Mama ihre Beine nicht ganz fühlen, sie waren etwas taub, besonders das linke Bein, wenn ich mich gut daran erinnere! ABER sie konnte den Druck von dir rauszukommen sehr gut spüren und wusste deswegen genau, wann sie mit dir und ihren Wellen arbeiten sollte. Ihr wart SO ein gutes Team!! Perfekt füreinander geeignet! Genau wie es sein sollte, als ob es so geplant wäre, sogar als ob ihr euch auf diesem Moment verabredet hättet!!

Lucy war eine unglaublich tolle, aufmunternde Hebamme. Sie gab deiner Mama wirklich guten Rat und immer wieder musste Mama in verschiedene Positionen wechseln, besser mit der Schwerkraft und deinem immer mehr auftauchenden Kopf arbeiten zu können! Was für ein Wunder! Mama war mal aufrecht und lehnte sich an die Stützstange, die am Bett befestigt war, um mit Energie und Kraft, dich auszuatmen. Dann war sie wieder im Liegen und ich half ihr, wobei ich ihr Bein schön in einer D-förmigen Bewegung drehte! Ich denke, es tat ihr gut aber was noch toller war, stand Papa sehr nah bei deiner Mama und gab ihr immer wieder Bestätigungen, dass sie alles super mache und die Beste sei und er feuerte sie richtig an!

Langsam, aber sicher konnte ich deinen wunderschönen Kopf sehen, sogar mit kleinen Haarsträhnen!! Lucy kitzelte deinen Kopf heraus, bis er geboren wurde. Das wäre für dich lustig gewesen, das zu sehen …du warst halb in, halb aus!!

Aber es war der wunderbarste und erstaunlichste Anblick, den man miterleben konnte. Vielen Dank Sebastian, dass ich bei deiner Geburt sein konnte, dass deine liebe Mama und deiner lieber Papa diese Ehre mir gönnten. Es war als Doula der beste Moment, den ich erlebte.

Es gab in den letzten paar Sekunden deiner Geburt einen kniffligen Augenblick, in dem du irgendwie mit deiner Schulter in Mama verklemmt war. Da kam aber zu unserer Hilfe die Oberärztin und sie holte dich in alle Sicherheit aber sehr schnell mit Hilfe ihres Armes raus…und dann warst du geboren!

Mama und Papa waren total begeistert. Mama schaffte es, dich mit ihrer eigenen Kraft gebären zu können. Wir waren nur die Zuschauer. Mama ist Meisterin der Geburt und nach einer langen Wartezeit, dich zu treffen und kennenzulernen, verdiente sie diesen Moment wirklich sehr. Deine große Schwester, ….., hatte auch eine großartige Arbeit gemacht, weil sie deine Mama auf deine Geburt schon vorbereitet hatte. Mama kann stolz auf euch beide sein!

So jetzt lieber….. ist es deine große Verantwortung, auf Mama, Papa und …… gut aufzupassen. Deine Geburtsreise wirst du irgendwann selbst lesen können. Sie wird nie vergessen, weder von deiner Mama und deinem Papa noch von mir! Vielen Dank, dass ich euch allen begleiten durfte!!

 

Von Rhona Lockwood (Doula im Wiesental)

.

* Namen des Kindes und der Mutter wurden zum Schutz der Privatsphäre geändert